Wölfle (2013): Entwicklungspotenzial von Fichtenverjüngung im subalpinen Gebirgswald in Abhängigkeit von verschiedenen Umweltfaktoren in Sedrun und Davos (Masterarbeit)

Ausgangslage

Von 2002 bis 2004 untersuchte Catherine Cunningham im Rahmen ihrer Dissertation an der Professur für Waldökologie den Einfluss des Klimas im Frühling, insbesondere der Schneeschmelze, auf die Entwicklung der Fichtenverjüngung. Dafür hat sie 640 junge Fichten in Sedrun und Davos an Hängen mit unterschiedlicher Exposition ausgewählt. Die Bäume liegen auf 41 zufällig ausgewählten Transekten, welche vom Übergang zur hochmontanen Stufe bis zur Baumgrenze die ganze subalpine Höhenstufe umfassen. Entlang dieser Transekte hat Cunningham im Abstand von 50 m eine bis fünf junge Fichten (10 – 130 cm) aufgenommen und markiert. Anhand ihrer Höhe wurden die Bäume in drei Klassen unterteilt und auf verschiedene Parameter untersucht.

Dabei wurde ersichtlich, dass die Verjüngung mit einer Grösse von 10 – 30 cm primär durch die Beschirmung und die Dauer der Schneebedeckung beeinflusst wird. Verjüngung mit einer Grösse von 31 – 60 cm reagierte stärker auf Schneeschimmelbefall als die Bäume der anderen Klassen. Das Wachstum der 61 – 130 cm grossen Verjüngung korrelierte gut mit der direkten Sonneneinstrahlung, der Dauer der Schneebedeckung und der Exposition.


Zehn Jahre nach der Erstaufnahme erfolgte im Rahmen dieser Masterarbeit im Herbst 2012 eine komplette Neuaufnahme der Bäume. Dazu wurden alle vor zehn Jahren markierten Bäume wieder aufgesucht und anhand verschiedener Parameter neu vermessen. Dabei wurden einerseits Parameter zur Beschreibung des Wachstums (Endtriebwachstum, Gesamthöhe und Kronenvolumen) aufgenommen, andererseits wurden abiotische und biotische Umweltfaktoren (Sonnenstunden, Beschirmung, Verbiss, Schneeschimmelbefall und Konkurrenzsituation) erfasst.

Vergrösserte Ansicht: Aufsuchen einer markierten Fichte in einem Holzschlag
Aufsuchen einer markierten Fichte in einem Holzschlag
Vergrösserte Ansicht: Eine gefundene und markierte Fichte
Eine gefundene und markierte Fichte

Ziel

Ziel dieser Arbeit war es, Aussagen über geeignete Standorte und Bedingungen machen zu können, an und unter denen Fichtenverjüngung im subalpinen Gebirgswald erfolgreich aufkommen kann. Dafür wurden folgende Leitfragen genauer untersucht:

  1. Kann mit den gemessenen Daten die Mortalität der Bäume erklärt werden?
  2. Wie hat sich die Vitalität der untersuchten Bäume in den letzten zehn Jahren verändert?
  3. Wie gut kann mit den 2002 und 2012 gemessenen Umweltbedingungen der Höhen- bzw. der Kronenvolumenzuwachs der untersuchten Fichtenverjüngung erklärt werden?
  4. Wie wird das Wachstum der untersuchten Bäume durch die Faktoren Ausgangshöhe, Konkurrenz, Verbiss, Schneeschimmelbefall, Lichtverfügbarkeit, Überschirmung, Höhe über Meer, Exposition, Hangneigung, Mikrotopografie und Substrat beeinflusst?

Resultate

Insgesamt wurden 336 lebende und 16 tote Bäume gefunden, was einer Wiederfindungsquote von 55% entspricht. Die meisten toten Bäume (12) befanden sich an südexponierten Hängen. Die Beantwortung der ersten Leitfrage war jedoch aufgrund der geringen Anzahl der gefundenen toten Bäume nicht möglich. Die wiedergefundenen lebenden Bäume hatten zwischen 2002 und 2012 einen Höhenzuwachs von durchschnittlich 5.3 cm pro Jahr und einen Kronenvolumenzuwachs von durchschnittlich 28 dm3 pro Jahr. Die untersuchten Bäume sind weder linear noch exponentiell gewachsen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass sich die Bäume in einem Entwicklungsstadium befinden, in welchem sie vermehrt ins Wurzelwachstum investieren. Die Vitalität der Bäume, gemessen am jährlichen relativen Endtriebwachstum, hat über die letzten zehn Jahre zugenommen. Der Befall der Baumkronen mit schwarzem Schneeschimmel (Herpotrichia juniperi) ist an südexponierten Hängen in Sedrun am stärksten, was die Resultate anderer Studien bestätigt. Bäume, die 2002 verbissen wurden, konnten ihren erlittenen Höhenzuwachs- sowie Kronenvolumenzuwachsverlust während den letzten Jahren im Durchschnitt überkompensieren.

Die 2002 gemessenen Parameter können den Höhen- sowie den Kronenvolumenzuwachs etwa gleich gut erklären wie die 2012 gemessenen Parameter. Die Resultate der Arbeit zeigen, dass ein hoher Höhen- bzw. Kronenvolumenzuwachs von Fichtenverjüngung im subalpinen Gebirgswald hauptsächlich von folgenden Faktoren abhängig ist:

  • Geringe Höhe über Meer
  • Grosse Ausgangshöhe
  • Viel verfügbares direktes Licht (potenzielle Junisonnenscheindauer)
  • Wenig Schneeschimmel
  • Wenig Konkurrenz

Dabei sind Ausgangshöhe, potenzielle Junisonnenscheindauer und Höhe über Meer die wichtigsten Prädiktoren, um den Höhenzuwachs zu erklären. Der Kronenvolumenzuwachs kann am besten mit den Prädiktoren Ausgangshöhe, potenzielle Junisonnenscheindauer, Konkurrenzsituation und Schneeschimmel erklärt werden. Es stellte sich heraus, dass schwarzer Schneeschimmel (Herpotrichia juniperi) für den Höhenzuwachs nicht relevant ist, jedoch den Kronenvolumenzuwachs negativ beeinflusst. Die Exposition, die Hangneigung und die Überschirmung haben sich als weniger wichtige Prädiktoren für das Erklären des Höhen- und Kronenvolumenzuwachses herausgestellt.

Die Arbeit ist auf der Research-Collection der ETH zugänglich.

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