Buchli (1997): Beurteilung des minimal notwendigen Verjüngungsanteils in subalpinen Schutzwaldkomplexen anhand eines Fallbeispiels in Sedrun (Diplomarbeit)

Zusammenfassung

Die am Nordhang in Sedrun (Uaul Surrein) durchgeführte Arbeit verfolgt das Ziel, alle Verjüngungsstützpunkte der Unterschicht (Anwuchs, Aufwuchs und Stangenholz) im subalpinen Schutzwaldkomplex aufzunehmen und auf ihre Entwicklungsfähigkeit zu beurteilen. Zudem war ein Konzept zur Ermittlung des minimal notwendigen Verjüngungsanteils für den Gebirgsnadelwald auszuarbeiten. Aus dem Vergleich der Idealvorstellung mit der vorhandenen entwicklungsfähigen Verjüngung können die waldbaulichen Massnahmen abgeleitet werden.

Auf der Aufnahmefläche, welche von 1700 m ü. M. bis hinauf an die Waldgrenze reicht, wurden alle Verjüngungsstützpunkte erfasst und nach Verjüngungsart, Standort, Entwicklungsstufe, Pflanzenzahlen, Trieblänge, Schäden, Sonnenscheindauer,… angesprochen. Da neben den Eigenschaften auch die Verteilung der Stützpunkte von Bedeutung ist, wurde jeder Punkt eingemessen und auf eine Karte eingezeichnet. Bereits im Felde erfolgte die Beurteilung der Stützpunkte nach den vier Entwicklungsklassen „gut“, „fraglich positiv“, „fraglich negativ“ und nicht geeignet.

Auf der 21.1 ha grossen Waldfläche wurden 782 Verjüngungsstützpunkte der Anwuchs- bzw. Aufwuchsphase erfasst. Dies entspricht 37 Stützpunkten pro ha. Davon waren 100 Verjüngungsstützpunkte (ca. 13%) gepflanzt.

Die Auswertung der Daten ergab, dass sich nur die Hälfte aller Stützpunkte auf dem verjüngungsgünstigen Kleinstandort „Baumstrunk“ befinden, während mehr als ein Drittel der Stützpunkte keinen besonderen Standort bevorzugen. Viele der aufgenommenen Stützpunkte sind sehr pflanzenarm, weisen doch mehr als zwei Drittel zehn und weniger Pflanzen auf. Ein beachtlicher Anteil der Verjüngungsstützpunkte wurde durch das Wild beeinträchtigt. Die Auswertungen ergaben, dass bei 28% der Stützpunkte Verbissschäden und auf 24% der Stützpunkte die Pflanzen Fegeschäden aufweisen. Der Befall der Verjüngung durch Schneeschimmelpilze, wie dies in subalpinen Wäldern während Wintern mit extremen Schneeverhältnissen oft der Fall ist, war äusserst gering. Aufgrund der Benadelung, der vorhandenen Sonnenscheindauer sowie den Schäden wurden bei 37% der Verjüngungsstützpunkte die Entwicklungsaussichten als „fraglich negativ“ und „nicht geeignet“ beurteilt. Innerhalb der Aufnahmeflächen waren grosse Unterschiede zu erkennen, vor allem beim Standort, der Anzahl vorhandener Stützpunkte und deren Verteilung im Gelände.

Aus der Sicht der Stabilität schieden alle Verjüngungsstützpunkte aus, bei denen die Pflanzen auf Baumstrünken von mehr als 50 cm Höhe wachsen. Ebenso wurden jene Verjüngungsstützpunkte nicht berücksichtigt, die nur Pflanzen der Anwuchsphase enthielten. Durch diese zusätzlichen Einschränkungen verblieben noch 43% der anfänglich aufgenommenen Verjüngungsstützpunkte, was 20 Stück pro ha entspricht.

Zur Bestimmung des notwendigen Verjüngungsanteils wurden 60-70 Jahre für das Alter des schutzfähig werdenden Aufwuchses und ein Höchstalter von 250-280 Jahren angenommen. Dies ergibt ein notwendiger Verjüngungsanteil von 1/5 bis 1/3 der Fläche. Die Abschätzung der vorhandenen Verjüngungsfläche im subalpinen Fichtenwald gestaltet sich schwierig, so dass die Verjüngungsfläche in Verjüngungsstützpunkte umgerechnet wurde. Ausgehend von Rotten, welche im Dreiecksverband angeordnet sind, einen Radius von 5 m und einen Abstand zwischen den Kronenmänteln von 3 m aufweisen, sind bei einem noch zu erwartenden Ausfall von ¼ bis ⅓ der Stützpunkte, zwischen 18 und 34 Verjüngungsstützpunkte pro Hektare mit Aufwuchs erforderlich. Dies bedeutet, dass alle 19 - 25 m eine Aufwuchsrotte vorhanden sein muss, damit in einem nachhaltig aufgebauten Bestand der dauernde Schutz gegeben ist.

Der Vergleich der vorhandenen Verjüngung (20 Stützpunkte pro ha) mit den berechneten Werten zeigt, dass der minimale Anteil zwar knapp erreicht wird. Die Verteilung der Stützpunkte im Gelände ist aber sehr unregelmässig. Diese 18 -34 Verjüngungsstützpunkte pro ha genügen nur, falls es sich um einen nachhaltig aufgebauten Bestand handelt. Nach Alter und Zustand des Bestandes muss davon ausgegangen werden, dass er seine Schutzfunktion nicht mehr sehr lange erfüllen kann und somit grösstenteils bereits verjüngt sein müsste. Somit besteht für den Schutzwaldkomplex in Sedrun ein grosser Handlungsbedarf. Vor allem auf der Fläche unterhalb des Waldweges, die ein potentielles Anrissgebiet für Lawinen darstellt, müssen Stützpunktpflanzungen vorgenommen werden, damit in Zukunft keine teuren Lawinenverbauungen zu erstellen sind.

Sollen unsere Gebirgswälder in Zukunft stufig aufgebaut sein, ist es notwendig, dass bereits im schwachen Baumholz mit der Verjüngung des Bestandes begonnen wird, damit zu Beginn des starken Baumholzes bereits genügend Aufwuchs vorhanden ist.

Über verschiedene Faktoren, die auf die Verjüngung einwirken, sind bis heute nur wenige Kenntnisse vorhanden, so dass mehrere Annahmen zu treffen waren. Dies hat zur Folge, dass ein grosser Bereich als minimal notwendiger Verjüngungsanteil angegeben wurde.

Das Übertragen der Resultate auf alle subalpinen Wälder ist nicht möglich, da die verschiedenen Einflüsse auf die Verjüngung stark vom Standort abhängen. Immerhin geben sie eine Grössenordnung an, in welchem der notwendige Verjüngungsanteil liegen muss, damit ein Schutzwald seine Aufgaben auch weiterhin erfüllen kann.

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