Einfluss der Witterung im Frühling auf die Entwicklung der Fichtenverjüngung: Beobachtung, Experiment und Modellierung

(Growth of Norway spruce saplings: Exploring the influence of spring conditions through observation, experiment, and model simulation.)

Dissertation von Catherine Cunningham (2006)

 

Zusammenfassung 
In den Alpen sind viele Fichtenwälder überaltert, weisen eine hohe Bestandesdichte und eine einseitige Altersstruktur auf und müssen daher verjüngt werden. Hinzu kommt, dass speziell für Gebirgswälder deutliche Auswirkungen des Klimawandels erwartet werden. Die Entwicklung der Fichtenverjüngung ist deshalb ein kritischer Faktor der Bestandesdynamik vieler Gebirgswälder in den europäischen Alpen. Die Variabilität des jährlichen Zuwachses der Jungpflanzen zu erklären, ist aufgrund der steilen Umweltgradienten eine grosse Herausforderung. Eine Vielzahl interner (z. B. Genetik) und externer Umweltfaktoren muss berücksichtigt werden.

In dieser Arbeit gingen wir der Frage nach, wie verschiedene abiotische und biotische Faktoren im Frühling den jährlichen Zuwachs von jungen Fichten in subalpinen Wäldern der Schweizer Alpen beeinflussen. Dazu führten wir eine zweijährige Felduntersuchung, ein zweijähriges Pflanzexperiment und eine dynamische Modellstudie durch. Das Ziel der Untersuchungen war, die folgenden Fragen zu beantworten:

  1. Wie wichtig sind die klimatischen Frühlingsbedingungen, insbesondere die Dauer der Schneebedeckung, für das Wachstum von Jungfichten?
  2. Welchen Einfluss haben biotische Faktoren wie z.B. Schneeschimmel-Befall verglichen mit dem Frühlingsklima in einem kontrollierten Experiment?
  3. Wie realitätsnah ist das Schneeschmelze-Abflussmodell Alpine 3D, das vor kurzem mit einem Vegetationsmodell gekoppelt wurde, um die Dynamik der Schneedecke und einem Kronendach zu simulieren?
  4. Könnten aufwändige Feldmessungen durch einfacher verfügbare Fernerkundungs- oder Modelldaten ersetzt werden, um den Zuwachs der Verjüngung zu erklären?

Als ersten Schritt haben wir den Zuwachs von 634 jungen Fichten gemessen, die nach dem Zufallsprinzip aus zwei Tälern in den nördlichen Zentralalpen ausgewählt wurden (Dischmatal bei Davos, Sedrun). Mit multiplen linearen Regressionsmodellen versuchten wir, den Zuwachs anhand verschiedenen Variablen (Höhenwachstum, Wachstum des Hauptstamms und der beiden obersten Seitentriebe und Wachstum des Kronenvolumens) getrennt nach den Grössenklassen zu erklären. Der Zuwachs der kleinsten Bäume (10-30 cm) hing am stärksten ab von der Lichtverfügbarkeit und der Dauer der Schneebedeckung. Während der Zuwachs der mittelgrossen Jungbäume (31-60 cm) am stärksten durch Schneeschimmel-Infektionen beeinflusst wurde, wuchsen die grössten untersuchten Jungbäume (61-130 cm) am besten in südlich exponierten, offenen Wäldern, wo die Schneeschmelze früh eintritt. Fazit: Der Frühlingsschnee beeinflusst das Wachstum aller Jungbäume, entweder direkt oder indirekt über Schneeschimmelinfektionen.

In einem zweiten Schritt analysierten wir in einem Feldexperiment auf zwei Waldlichtungen in Sedrun (Uaul Cavorgia), wie 661 dreijährige, gepflanzte Jungfichten auf künstlichen Wildverbiss (Schnitt), Schneeschimmelinfektionen und Konkurrenz durch Bodenvegetation reagieren. Der Triebschnitt der Jungbäume war im ersten Untersuchungsjahr leicht positiv für den Zuwachs, im zweiten Jahr aber stark negativ. Sobald die Bodenvegetation etabliert war, unterdrückte sie durch Beschattung das Wachstum der Jungfichten. Schneeschimmelinfektionen wurden erst im zweiten Jahr beobachtet; sobald diese aber auftraten, waren sie verbunden mit reduziertem Zuwachs.

In einem dritten Schritt ersetzten wir empirische Daten aus der Feldbeobachtungsstudie durch simulierte Daten aus einem Schneeschmelze-Abflussmodell (Alpine 3D), um modellierte Mittelwerte des erklärenden Baumwachstums zu untersuchen. Während die simulierte Bodenfeuchte nicht signifikant zu den Modellen des Höhenzuwachses beitrug, unterdrückte eine erhöhte langwellige Strahlung den Zuwachs der grossen Jungbäume. Eine grössere simulierte Tagesgradsumme im Frühling war positiv korreliert mit dem Wachstum der kleinen Jungbäume. Insgesamt zeigte es sich aber, dass direkte Messungen im Feld kaum ersetzt werden können durch aus gross-skaligen Modellen stammende Näherungsvariablen.

Publikationen

Cunningham, C., Zimmermann, N.E., Stoeckli, V. & Bugmann, H., 2006. Growth of Norway spruce (Picea abies L.) saplings in subalpine forests in Switzerland: Does spring climate matter? Forest Ecology and Management 228: 19-32.

Cunningham, C., Zimmermann, N.E., Stoeckli, V. & Bugmann, H., 2006. Growth response of Norway spruce saplings to artificial browsing, black snow mold, and ground vegetation in two forest gaps in the Swiss Alps. Canadian Journal of Forest Research 36: 2782-2796.

Cunningham, C., 2006. Growth of Norway spruce saplings: Exploring the influence of spring conditions through observation, experiment, and model simulation. Ph.D. Thesis No. 16670, Swiss Federal Institute of Technology Zürich, 170 pp. [Abstract]

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert